Klinker
Klinkerriemchen
WIESMOOR
kohle-weiß

Die Vielfalt des Materials - Berufsschulzentrum Hamburg, Anckelmannstraße

Foto © Röben/Urs Kluyver

Bereits 2010 hat der dänische Architekt Carsten Lorenzen eine internationale Ausschreibung für einen großen berufsschulischen Campus in Hamburg gewonnen. Im Herbst 2017 haben die Schüler nun ein Gebäudeensemble bezogen, das in jeder Hinsicht außergewöhnlich ist.

 

Denn Behördenvertreter und Planende haben die Zeit dazu genutzt, Schülern und Lehrern optimale Lern- und Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen. Entstanden ist ein dreiteiliges Gebäudeensemble mit zentraler Piazza und darunter liegender Tiefgarage. Die Nettonutzfläche beträgt rund 24.600 m².

Die drei Gebäude schließen den Straßenraum und bilden eine Einheit, die das Quartier Borgfelde städtebaulich festigt, beruhigt und aufwertet. Sie sind viergeschossig als Abschirmung zur stark befahrenen Eiffestraße und dreigeschossig mit großflächigen, transparenten und einladenden Glasflächen zur gemeinsamen Piazza ausgerichtet. Zentrum der Piazza ist ein großer „Baum des Wissens“. Die Authentizität der einzelnen Gebäude wird durch die jeweils zugehörigen Innenhöfe und deren unterschiedlicher Gestaltung unterstrichen.

 

Die unterschiedliche Struktur der Fassade spiegelt die innere Struktur und Nutzung wider. Durchlaufende Fensterbänder mit tiefen Laibungen, von Geschoss zu Geschoss verspringenden Öffnungsflügeln sowie zweiseitig abgeschrägten Verblendpfeilern mit unterschiedlichen Schenkellängen bilden die Klassenräume und Lehrerarbeitsplätze ab. Vertikale Fensterschlitze unterbrechen die Fensterbänder und machen die dahinter liegenden Treppenhäuser erkennbar. Die langen Flurzonen zur Eiffestraße sind aufgeglast, schuppenartiges vor und zurückspringendes Mauerwerk lockert zusammen mit Ziegelornamentik die Fassadengestaltung auf. Zusätzlich gibt es Ornamentfeldern aus dunklen Klinkern, Balkone und Loggien. Außerdem wurden unterschiedliche Formziegel verbaut. All diese Vorgaben aus dem Wettbewerbsentwurf haben die Architekten von APB in die Realität umgesetzt

Heller, „skandinavischer“ Klinker

Die Kosten für das gesamte Projekt betrugen rund 70 Mio. Euro. Auftraggeber war der Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen LIG. Es  wurde im Bieterverfahren im Rahmen eines ÖPP-Projektes „Berufliche Schulen Hamburg“ vergeben. Generalübernehmer waren die Firmen Ed. Züblin AG und die Otto Wulff Bauunternehmung GmbH, Hamburg (ARGE BAU BSH). Geplant wurde die Realisierung des Baus durch die APB. Architekten BDA, Hamburg. Sie hielten sich während der Gestaltungsplanung und Abstimmung mit den Behörden sowie während der gesamten Ausführung eng an den Siegerentwurf.

 

Die Bebauung Borgfeldes ist, nach der weitgehenden Zerstörung des Stadtteils 1943, im Wesentlichen von der typischen Nachkriegs-Zeilenbauweise aus Rotklinkern geprägt. Entsprechend sah der erste Entwurf auch Ziegelfassaden vor, allerdings in einem skandinavisch helleren Ton. Fast 40 Klinker ließ die Arge bemustern, traf eine engere Auswahl und überließ schließlich dem gestrengen, inzwischen ehemaligen Hamburger Oberbaudirektor Jörn Walter die letzte Entscheidung. Sie fiel auf den Röben Handstrichziegel WIESMOOR kohle-weiß im nur 52 mm hohen Dünnformat, der sich hell und freundlich präsentiert und durch seine Anteile ockerfarbener und roter Töne die Farben der Umgebung aufnimmt.

 

Fassadenlösungen mit Ziegelfertigteilen

Allein durch konventionelles Mauern, das stellte sich schnell heraus, ließen sich die speziellen Gestaltungswünsche an die Fassade allerdings nicht realisieren. Der händische Aufbau eines Musterpfeilers allein hätte so viel Zeit gekostet, dass man nach einer anderen Lösung suchen musste.

 

Hier konnte der PlanungsService von Röben mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung für jedes Problem die passende Fertigteil-Lösung entwickeln. Die besondere Herausforderung bei deren Planung ergab sich aus den geschossweise verspringenden Pfeilern, den wechselnden Längen der Pfeilerschenkel und den daraus resultierenden, wechselnden Untersichten der Stürze, die ebenfalls als Sichtmauerwerk ausgeführt werden sollten. Diese Stürze, häufig aus mehreren Einzelteilen zusammengefügt, sollten darüber hinaus in der Untersicht auch noch verzahnt sein, um sie nach dem Verfugen optisch nicht als zusammengefügte Einzelteile erkennbar werden zu lassen. Und schließlich wiesen selbst die Fenster unterschiedlichste Maße auf.

 

So entstanden 293 Wandpfeiler in neun Standardgrößen von 0,98 bis 3,53 Meter Höhe, einer Breite von 0,40 bis 2,00 Metern und einem Einzelgewicht von bis zu 2,5 Tonnen. Mehr als 1.000 Stürze in unterschiedlichen Längen und Tiefen wurden im Werk in einer Gesamtlänge von 3.300 Metern und einem Gesamtgewicht von über 500 Tonnen vorgefertigt. Dabei wurden Riemchen, Vollsteine und Formziegel für die Gebäudeecken verarbeitet. Bis zu 16 Meter lange Fassadenöffnungen wurden mit bis zu sechs Stürzen überbrückt.

 

Jedes Fertigteil wurde einzeln vom Röben PlanungsService gezeichnet und im Werk bereits präzise für die Montage auf der Baustelle vorbereitet. Dann wurden die jeweils gerade benötigten Elemente über die gesamte Bauzeit verteilt „just in time“ auf die Baustelle in Hamburg geliefert.

 

Über 4.000 Schüler werden im neuen „Berufsschulischen Zentrum für den Hamburger Einzelhandel“ unterrichtet. Vier Berufsschulen, die bisher in der Stadt verteilt waren, wurden hier zu zwei großen Einrichtungen fusioniert. Jede Schule erhielt ein auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Gebäude mit eigenem Innenhof. Das dritte Gebäude wird von beiden Schulen gemeinsam genutzt. Hier befinden sich eine Mediathek mit Selbstlernzentrum, eine multifunktionale Versammlungsfläche mit Cafeteria und Bühne, sowie ein Zweifeld-Sporthalle. Verbunden wird der Campus durch die Piazza, die in der Mitte durch einen „Baum des Wissens“ gekrönt wird.

 

 

 

Planung: APB. Architekten BDA, Hamburg

Ausführung: Otto Wulff Bauunternehmung GmbH, Hamburg

Ähnliche Referenzen