Klinkerriemchen
CALAIS

Ein Hauch von Japan

Photo © Röben/Cornelia Suhan

Auf einem rund 1.000 Quadratmeter großen, früher dem japanischen Staat gehörenden und lange Zeit unbebauten Grundstück am nordwestlichen Rand des Nollendorfplatzes, wurde das Hotel Gaijin (jetzt: numa Drift) eröffnet.

Mit seinen zahlreichen Bars und Restaurants zählt der Nollendorfplatz zu den belebtesten Orten in Westberlin. Die weitläufige Straßenkreuzung war 1880 als repräsentativer Schmuckplatz auf der Grenze zwischen der damaligen Stadt Charlottenburg und der Gemeinde Schöneberg angelegt worden.

 

Auf einem rund 1.000 Quadratmeter großen, früher dem japanischen Staat gehörenden und lange Zeit unbebauten Grundstück am nordwestlichen Rand des Nollendorfplatzes, wurde das Hotel Gaijin eröffnet, das mittlerweile als numa Drift firmiert. Das nach dem japanischen Wort für „Nichtjapaner“ benannte Haus bietet 85 Zimmer und Suiten und setzt dabei auf minimalistische Ästhetik und zurückhaltenden Luxus.

 

Die Planung des Projekts erfolgte durch das Berliner Architekturbüro Sypereck. Ausgehend von der prominenten Grundstückslage und der heterogenen Bebauung am Standort entstand ein intelligent eingefügtes Ensemble, das den Nollendorfplatz harmonisch in Richtung Nordwesten einfasst und - von Osten betrachtet – mit dem gegenüber aufragenden „Nolleturm“ ein städtebauliches Tor zur City West rund um den Kurfürstendamm schafft. Zentraler Blickfang ist sein neunstöckiger Turm, der leicht verdreht über einem drei- bis viergeschossigen Sockelbau aufsteigt und dabei deutlich in den Straßenraum vorkragt. Zusätzliche Qualität erhält die markante Gebäudefigur durch die abgerundeten Gebäudeecken sowie durch die abwechslungsreich untergliederte beigefarbene Klinkerfassade mit ihren schlanken horizontal umlaufenden Fassadenbändern. Im Zusammenspiel mit den harmonisch zurückspringenden Staffelgeschossen und den abwechslungsreich gesetzten Öffnungen ist den Architekten ein dynamisch ausbalancierter Gebäudekomplex geglückt, der architektonisch und städtebaulich gleichermaßen überzeugt.

 

Für das Interieur beauftragte der Bauherr, der Berliner Entwickler Gädeke & Sons, zusätzlich das Büro Jim Knoepfle Architects Berlin. In enger Abstimmung mit dem Bauherrn entstand ein materialbetontes Interieur, das durch den luxuriös-geradlinigen Stil japanischer Teezimmer inspiriert ist.

 

Höchste Ansprüche stellten Architekten und Bauherr auch bei der Materialwahl für die Außenfassade: Das Material sollte Dauerhaftigkeit und Solidität ausstrahlen, den Belastungen durch die Stadtluft gewachsen sein und keine aufwendige Pflege erfordern“, beschreibt Helge Sypereck das Anforderungsprofil und die Gründe für die Wahl von Klinkerriemchen. „Hinzu kommt, dass die Fassade mit ihrer Gesamtdicke von lediglich 40 Zentimetern erheblich zur Erhöhung der Nettogrundfläche und damit zur Wirtschaftlichkeit des Gebäudes beiträgt.“

 

Zum Einsatz kamen schließlich RÖBEN Keramik-Klinkerriemchen CALAIS. Die im Normalformat gelieferten Klinker unterstützen mit ihrem hellen Beige-Ton den angenehm leichten Charakter der Architektur und schließen gleichzeitig stimmig an die hell verkleideten Nachbarbauten an. Betont wird der lebendige Eindruck des Mauerwerks durch eine flächenbündig ausgeführte, graue Verfugung sowie durch die Ausbildung im Wilden Verband mit unregelmäßig wechselnden Läufern und Bindern. In einzelnen Bereichen wurde das Mauerwerk außerdem leicht schräg angelegt, um zusätzliche Dynamik zu erreichen.

 

Ein weiteres, prägendes Detail der Fassade sind die schlanken, hell umlaufenden Fassadenbänder, die die verschiedenen Brüstungsbereiche einfassen. Die Bänder ermöglichen eine angenehme horizontale Gliederung der Architektur, die einerseits den Straßenverlauf der Kleiststraße aufgreift und andererseits die funktionalistische Architektur des Nachbargebäudes mit ihren langgestreckten horizontalen Fensterbändern fortführt. Als besondere Herausforderung bei dem Projekt gestaltete sich außerdem die Ausbildung der abgerundeten Gebäudeecken. Um die engen Radien ausbilden zu können, wurde die Fassade dort ausschließlich mit Köpfen ausgebildet.

 

Planung: Sypereck Architekten, Berlin

 

 

 

Drei Fragen an Architekt Helge Sypereck zur städtebaulichen Einbindung des Neubaus

 

Herr Sypereck, der Nollendorfplatz gehört zu den meistfrequentierten Orten der Hauptstadt. Inwieweit bezieht sich Ihr Entwurf auf diesen Standort?

 

Helge Sypereck: Zuerst einmal muss man sagen, dass der Nollendorfplatz ja letztlich gar kein Platz ist, sondern eher eine Ansammlung von Gebäuden darstellt, die sich alle auf den denkmalgeschützten Bahnhof der hochliegenden U-Bahn beziehen. Ausgangspunkt für unsere Planung und für die städtebauliche Anordnung des Hotelgebäudes ist ein B-Plan von 2006, der wiederum auf einem B-Plan für den gesamten Nollendorfplatz aus den 1970-iger Jahren basiert. Dieser Plan sah für den Nollendorfplatz vier 15-geschossige punktförmige Bauten vor, die sich symmetrisch auf den Bahnhof beziehen sollten. Die beiden westlichen Punkthäuser waren dabei ganz explizit als städtebauliches Tor zur City-West vorgesehen. Gebaut wurden nach diesem ersten B-Plan nur die beiden Hochhäuser im Süden. An der nordöstlichen Ecke wurde lediglich die bestehende Blockrandbebauung ergänzt. Mit einem vorgelagerten sechsgeschossigen Solitär wurde hier versucht, einen Bezug zum B-Plan herzustellen.

 

Und auf dem nordwestlichen Grundstück ist über Jahrzehnte hinweg nichts passiert?

 

Helge Sypereck: Ja genau, das Grundstück ist bis zuletzt unbebaut geblieben. Im Zuge der B-Plan-Änderung von 2006 wurde das ursprünglich vorgesehene Hochhaus dann aufgrund der Verschattung der dahinterliegenden Wohngebäude von fünfzehn auf neun Geschosse plus Staffelgeschoss heruntergestuft. Gestalterisch war dabei eine Kombination von Blockrandbebauung und turmartiger Bebauung vorgesehen. Da der geplante Turm durch eine Straßenverlegung und -verbreiterung aber zu nah an die Bordsteinkante gekommen wäre, war im B-Plan außerdem eine zweigeschossige Überkragung über einen straßenbegleitenden Sockel vorgesehen. Sowohl der „Turm“ als auch die beiden Anschlüsse an die Blockrandbebauung waren also bereits im B-Plan festgeschrieben.

 

Wie haben Sie dieses enge Korsett und die schwierige Ausgangssituation für sich genutzt?

 

Helge Sypereck: Das war in der Tat nicht ganz einfach. Denn durch die Herabzonierung des Turms von fünfzehn auf neun Geschosse hat sich in unseren Augen eine unglückliche Proportion in Bezug von Umfang und Höhe ergeben. Um dem entgegenzuwirken haben wir einerseits die Ecken des Turms abgerundet und damit die Gebäude-Diagonale um rund zwei Meter verkürzt. Darüber hinaus haben wir eine horizontale Gliederung durch Gesimse vorgeschlagen, was ebenso zur „Verschlankung“ des Gebäudes in der Ansicht beiträgt. Davon unabhängig hatten wir aber große Freiheiten bei der Detallierung der Fassaden.

 

Helge Sypereck, Sypereck Architekten