Klinkerriemchen
CALAIS
carbon

Auftakt zur alten Neptun Werft – Büro- und Hotel-Ensemble in Rostock

Photo © Röben/Cornelia Suhan

Auf dem mittlerweile umgenutzten historischen Areal der Rostocker Neptun Werft ist ein elegant gestaltetes Ensemble mit einem Bürohaus und zwei Hotels entstanden. Der Entwurf von prasch buken partner architekten aus Hamburg greift die Backstein-Optik der ehemaligen Schiffsbauhalle auf und schließt so ganz direkt an die Historie des Standorts an.

Klinkerriemchen CALAIS carbon.

Die 1850 gegründete Neptun Werft in Rostock zählt zu den ältesten und bedeutendsten Werftstandorten in Deutschland. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatte sich das Unternehmen über Jahrzehnte hinweg in erster Linie auf die Märkte im damaligen Ostblock konzentriert, nach der Wiedervereinigung wurden dann zunächst vor allem Reparaturen durchgeführt. 1997 übernahm schließlich die MEYER Gruppe die Neptun Werft, um an einem neuen Standort in Rostock-Warnemünde lange Flusskreuzfahrtschiffe zu bauen. Das historische Werftgelände am Ufer der Unterwarnow und am nordwestlichen Rand der Rostocker Innenstadt lag danach brach und wurde in den vergangenen Jahren sukzessive zu einem belebten Quartier mit Büros, Gewerbeflächen und einem Theater umgenutzt.

 

Direkt neben der alten Werfthalle, die mittlerweile als Einkaufszentrum genutzt wird, ist jetzt ein neues Gebäudeensemble fertiggestellt worden, das neben einem Bürohaus mit Gastronomie auch zwei Hotels umfasst. Das Arthotel Ana und das B&B Hotel bieten gemeinsam 253 Zimmer mit abwechslungsreichen Blicken über Stadt, Warnow und Hafen. Das dreieckige Geschäftshaus stellt zusätzlich eine Bürofläche von rund 3.500 Quadratmetern zur Verfügung.

 

Mit der Planung des Neubaukomplexes hatte der Oldenburger Projektentwickler LIST Develop Commercial das von Alf. M. Prasch und Frank Buken geleitete Büro prasch buken partner architekten beauftragt. Beide Planer waren zuvor bei nps tchoban voss Architekten tätig, wo Alf M. Prasch 1979 zu den Mitbegründern zählte.

 

Ausgehend von der Planungsaufgabe und der prominenten Lage des Grundstücks entwickelten die Architekten ein elegantes Ensemble mit drei eigenständigen, jeweils achtgeschossigen Baukörpern, die den der Stadt zugewandten städtebaulichen Auftakt zum ehemaligen Werftareal bilden. Das nach außen gelegene Geschäftshaus wurde dabei der Grundstücksform entsprechend mit einem dreieckigen Grundriss gestaltet, die beiden Hotelbauten wurden demgegenüber als langgestreckte Riegel ausformuliert, um die Sicht auf den Hafen freizuhalten: „Mit dem Gebäude-Ensemble ist ein dominanter Hochpunkt am Eingang zum alten Neptun-Areal entstanden, der gleichzeitig eine kraftvolle Wirkung zum Hafen hin ermöglicht“, beschreiben die beiden Architekten Alf M. Prasch und Frank Buken das Konzept. „Ein wichtiges Element ist dabei die 'Pergola', die optisch einen gemeinsamen Sockel bildet.“

 

Prägend für den Entwurf ist die elegant abgerundete Architektur mit ihrem unregelmäßigen Wechsel von schlanken vertikalen Flächen aus Glas, Stahlblechpaneelen und Backstein: „Die Ausbildung der Fassaden mit ihren Vor- und Rücksprüngen knüpft in Materialität, Farbigkeit sowie räumlicher Tiefe an die Backsteinarchitektur der Neptun-Werfthallen an“, erklärt Frank Buken. „Aber nicht, um sie zu imitieren, sondern vielmehr um sie in ihrer Oberfläche neu zu interpretieren. Felder von Stein, Blechen und Putz wechseln dabei in festgelegtem Rhythmus miteinander ab und erzeugen eine Vertikalität, die durch die um 90° gedrehte Anordnung der Klinkerriemchen noch verstärkt wird. Zusätzlich zoniert und proportioniert wird das Gebäude-Ensemble durch die horizontal umlaufenden Gurtgesimse aus Stahl, die auch die Attikaansicht bestimmen. Damit haben wir eine Fortführung historischer Schmuckgiebel und deren Neuinterpretation in der Nachkriegsmoderne angestrebt.“

 

Trotz der durchlaufenden Gestaltung spricht jedes Haus seine eigene Sprache und besitzt individuelle Details. Verbindendes Element sind dabei die gewählten Röben Keramik-Klinkerriemchen CALAIS carbon. Die hellen, leicht beigefarbenen Riemchen greifen die Backstein-Optik der ehemaligen Schiffbauhalle auf und schaffen gleichzeitig einen Bezug zu den hellen Putzfassaden des rückseitig angrenzenden Max-Planck-Instituts mit ihrer sachlich-weißen Anmutung: „Charakteristisch ist außerdem das leicht changierende Farbspiel der Riemchen“, erklärt Frank Buken. „Im Ergebnis entstehen so unterschiedlich Bereiche, die jeweils eine eigene und ausdrucksstarke Textur besitzen und die auch in der Höhe noch ablesbar sind.“

 

Der überwiegende Teil der Riemchen wurde vom Fachunternehmer Tiedeken aus Friesoythe im schlanken Dünnformat und 14 Millimetern Stärke verarbeitet. Aufgrund der vertikalen Verlegung war es mühelos möglich, die engen Radien der gerundeten Gebäudeteile umzusetzen. Die Ausbildung im vertikalen Läuferverband mit hellgrauen Fugen aus glatt gestrichenem Mörtel hat ein homogenes Fassadenbild entstehen lassen, das den eleganten Charakter des Gebäudes noch betont. Mit etwas dickeren, 25 Millimeter starken Steinen war es gleichzeitig möglich, ohne besonderen Aufwand auch Reliefstreifen zu realisieren, die 11 mm auskragen. In den Fensterlaibungen der beiden Hotelgebäude sind dazu aus ganzen Steinen geschnittene Läufer-Winkelriemchen mit authentischer Klinkerunterseite zum Einsatz gekommen.

 

Planung: prasch buken partner architekten, Hamburg

 

 

 

Drei Fragen an Architekt Frank Buken über den Entwurf des Büro- und Hotel-Ensembles in Rostock:

 

Herr Buken, vor der Gründung von prasch buken partner architekten 2015 waren Sie gemeinsam mit Alf M. Prasch bei nps tchoban voss Architekten tätig. Welche Erfahrungen nehmen Sie aus Ihrer Zeit dort mit?

 

Nach meinem Studium an der Universität Hannover war es für mich lange Zeit sehr schwer, beruflich Fuß zu fassen, denn damals gab es nur wenig offene Stellen. 2008 habe ich dann bei nps tchoban voss Architekten in Hamburg anfangen können und Alf M. Prasch hat mir dort sofort ein Großprojekt zugetraut. An dem Projekt fahre ich noch heute noch voller Stolz vorbei, weil es mein erster wirklicher Schritt zur Architektur war!

 

Was hat Sie an dem Projekt in Rostock besonders gereizt?

 

Das Besondere an dem Projekt in Rostock ist die Lage des Grundstücks direkt an der Warnow in Verbindung mit einem Bebauungsplan, der eine achtgeschossige Bauweise vorsah. Der Blick über die Stadt und über die Warnow war also gewissermaßen vorprogrammiert. Hinzu kommt noch das historische Umfeld mit den alten backsteinernen Hallen der Neptun-Werft.

 

Welchen Stellenwert hat das Material Klinker für Sie?

 

Als Hamburger Architekt und als Norddeutscher hat man das Material gewissermaßen „im Blut“! Schon als Kind war ich damals begeistert von der Altstadt in Bremen und von den Backsteinbauten in der Böttcherstraße. Ebenso wird auch das Stadtbild von Hamburg durch die Klinkerarchitektur von Fritz Schuhmacher und Fritz Höger geprägt. Die Vorteile des Materials liegen dabei auf der Hand: Backstein ist ein beständiger und vielfältiger Werkstoff mit schönem Alterungsprozess. Unterschiedliche Formate, Farben, Brände, Oberflächen, Verbände und die Möglichkeiten der Detailarbeit bieten dabei vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten.